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Der Faden ist gerissen

DER FADEN IST GERISSEN ist die Sage einer schrumpfenden Kleinstadt, die erste ortsspezifische Theaterperformance von Heiko Michels und Fabian Larsson für den Greizer Theaterherbst. Greiz war einst die reichste Textilstadt Deutschlands, heute ist es ein vergessener Ort. Die Inszenierung in völliger Dunkelheit ist ein theatral-genußreicher Schock: inhaltlich eine aktuelle hochpolitische Tragödie ist sie für die Zuschauer ein ästhetisches Ereignis; die Sinneswahrnehmung steigert sich über ein stimmliches und musikalisches, räumliches Kompositionsgeflecht in der Dunkelheit zum farbigen Kopfkino.

 

Zerbröckelnde Jugendstilvillen bestimmen das Stadtbild, ein Drittel der Bevölkerung ist aus dem deindustrialisierten Gebiet geflohen. Eine deutsche Kleinstadt löst sich schweigend auf, und mit ihr bröckelt das soziale Gewebe und die Konstitution ihrer Bewohner. Historisches Material, lokale Sagen und Alltagserzählungen bilden die Grundlage für den dramatischen Sprachakt: Sechs Greizer in völliger Dunkelheit, sie flüstern, grunzen, sprechen, predigen, sie umkreisen das blinde Publikum. Sie weben an ihre Geschichte. Sie erzählen, um dem Grauen, dem stumm machenden Alpdruck der siechenden Stadt, etwas zu entgegnen. Heiko Michels und Fabian Larsson gelingt in ihrer Arbeit mit Laien politisches Theater in basaler und radikaler Form. DER FADEN IST GERISSEN ist eine politische Sage in völliger Dunkelheit, gegen das lastende Schweigen einer düsteren Gegenwart.

Die im Auftrag des Greizer Theaterherbstes produzierte Inszenierung DER FADEN IST GERISSEN ist eine gleichermaßen spektakuläre wie ehrliche Arbeit, mit der das Künstlerduo die lokale Geschichte der Verdrängten und des Verdrängens, des Schweigens und Verstummens und Sprechens zum theatralen, gesellschaftlichen Ereignis machen. Damit setzten Heiko Michels und Fabian Larsson ihre bisherigen Arbeiten fort, in denen sie kulturelle Blickschranken und Wahrnehmungsgrenzen künstlerisch überschreiten.

DER FADEN IST GERISSEN

2015 Vogtlandhalle Greiz

Produzent: Greizer Theaterherbst

Text: historische Dokumente und Heiko Michels

Dauer: 75 Minuten

Schauspiel: Sabine Petri, Kerstin Henschel, Alice Bächer, Holger Springer, Günter Vogt, Michael Steinberg.

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