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Oderbrücke

ODER TALKS

19. - 21. Juli Theater am Rand / Liederlauschen Festival

Rainald Grebe, ein Headliner des Liederlauschen Festivals 2024, bringt im Song „Brandenburg“ den arroganten Berliner Blick auf das weite Umland auf den Punkt. Vielen gilt es als Naherholungsgebiet, über den eigenwilligen Menschenschlag lächelt man. Aber stimmt das noch so? Berliner ziehen aufs Land, Polen arbeiten in Deutschland und andersherum, Künstler arbeiten stadt-land-übergreifend und die Oder ist heute weniger Grenze als Ader eines gemeinsamen Kulturraumes. Was macht diesen aus?

In den Jurten der ODER TALKS bringen Limited blindness und das Liederlauschen Festival im Theater am Rand Experten des Alltags, Spezialisten unserer Themenschwerpunkte und alle Interessierte zusammen, um im offenen Austausch den Kultur-Natur-Raum um die Oder auf die Bühne zu hieven – umrahmt von Weinproben, Filmbeiträgen, Performances.
Kuration: Heiko Michels

 Freitag, 19.7. | 17:30  

 

Stadt ~ ODER ~ Land   

Verflüssigungen urbaner und ländlicher Räume & Kulturpraxis

mit u.a. mit u.a. Almut Undisz (Theater am Rand), Fabian Larsson (vom Projekt OderlandBerlin des Kollektiv Nachhaltige Kultur), Karolina Fuhrmann (Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit), Lola du Bled (Teenager aus dem  Prenzlauer Berg) 

Stadtleben und Landleben – das wird in unseren Kinderbüchern als Dichotomie erzählt. Und ja: so lange dem Stadtmenschen seine Lebensmittel über globale Versorgungswege in den Supermarkt geworfen werden, ist der Bezug zum ländlichen Umfeld wenig konkret. Das Umland gilt Berlinern als Naherholungsgebiet, über den eigenwilligen Menschenschlag lächelt man. Reinald Grebe, Headliner des Festivals, bringt in seinem berühmten Song „Brandenburg“ den arroganten Berliner Blick auf den Punkt. Aber stimmt das heute noch so? Gerade viele Künstler*innen ziehen heute aufs Land, weil in Berlin keine Mieten zahlbar sind, sie arbeiten hybrid, und das spiegelt sich auch in ihren Arbeiten; Konzepte wie solidarische Landwirtschaft erzeugen direkte Verbindungen zwischen Landwirt*in und Konsument*in, im Norden wird Stettin zum wichtigsten Wirtschaftszentrum für ein ausgedünntes deutsches „Vorland“, und auch zum kulturellen Magneten mit zeitgenössischer Kunst, Club- und Hochkultur, die sich noch am Entwickeln ist, und Verästelungen ins Umland und nach Berlin sucht. Es entsteht eine neue Region, die das Gespräch als Zukunftsmodell weiter ausphantasieren will, ein transnationales Stadt-Land-Gefüge, in der die Oder nicht mehr Grenzfluss, sondern Lebensader sein kann.

 

 Samstag, 20.7. | 14:00  

 

Kanal ODER Biosphäre ~ Fisch ODER Schiff  

Widersprüchliche Blicke, Begehren und Festschreibungen

an ein Fließgewässer

mit u.a. Vertretern der Initiative SAVE ODER DIE, mit Liz Erber (Tanztheater Land Brandenburg, Choreographin "Ode an die Oder"), Remigiusz Borda (Musiker)

In Zollbrücke steht man auf einem mehr oder minder naturbelassenen Sand- & Grasstrand und erblickt am anderen Ufer frisch ausgebaggerte Buhnen. Die deutsche Politik will dem Fluss heute seine natürliche Entwicklung lassen. Sie werden dafür von so einigen Polen als deutsche Romantiker belächelt. Buhnen erzeugen eine größere Fließgeschwindigkeit flussmittig, und damit eine Vertiefung der Oder. Die polnische Politik möchte den Fluss besser schiffbar machen, Unabhängigkeit von Großhäfen ist das Ziel – die Deutschen haben das im Rhein schon längst gemacht. Doch Fische verlieren ihre Laichplätze, Flutüberschwemmungen drohen und Verunreinigungen verbreiten sich rasend – Widersprüche, die das Fischsterben 2022 urplötzlich an die Oberfläche spülte. Es gibt ein moralisches Recht, ein historisch sehr verständliches Autonomieinteresse, ein EU-Recht (gegen das der Buhnenausbau wohl verstößt) – aber welches Recht, welche Stimme hat der Fluss und sein direktes soziales Umfeld?

 

 Samtag, 20.7. | 18:00  

 

Alles fließt, ODER? Weinseminar…   

und Gespräch über Genusskultur beidseitig der Oder

mit besonderen Weinen von Mosel, Saale, Oder, Garonne. 5 Weine, Unkostenbeitrag 15 €
mit u.a. Philippe Gross (Weinhändler Oderbruch, Letschin), Hajo Schäfer (die Straßensommeliers), Peter Zablowski (Weinbauer in Niederfinow)...

Brandenburg ist im Zeichen seiner klassischen Küche ein ähnlich blinder Fleck in den Gourmet-Atlanten wie die westlichen Woiwodschaften Polens. Die kann heute durchaus ein kulinarischer Standortvorteil sein – wo nichts ist, kann Neues wachsen. Traditionelle Gourmetregionen wie der Kaiserstuhl oder Masuren sind „beschrieben“, können nicht schnell auf neue Trends reagieren. Seit 20 Jahren schwappen aber die Wellen neuer Trink- und Esskultur immer schneller durch Europa: im Zeichen globaler Gleichheit sucht man nicht mehr unbedingt die Spitze, sondern die Differenz im Geschmack. Teltower Rübchen statt Trüffel, Organic Rhododendron Vodka statt Jägermeister, Wein aus Tagebauschluchten der Lausitz oder dem polnischen Hügelland bei Schwedt. Was die Szene-Bezirke von Breslau oder Berlin nachfragen, wird von experimentellen Kleinbetrieben, oft selbst Stadtflüchtige, oder von einer neuen Generation im Bauernbetrieb, für die der Massenanbau unrentabel und unethisch wurde, angebaut, gebrannt, verkäst, gebraut. Im Jurtenrund verköstigt Sommelier Hajo Schäfer unkonventionelle Weine aus Polen, Deutschland und Frankreich, vermittelt Sensorik und Weinwissen; und gleichzeitig räumen wir mit deutsch-polnischen Kulinarik-Vorurteilen auf und tauschen uns über neue Gourmettrends im Oderland aus.

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 Sonntag, 21.7. | 13:30  

 

Polnisch ODER Deutsch?   

Fluide Biografien im Grenzbereich

mit u.a. Tomasz Kurianowicz (Chefredakteur Berliner Zeitung), Heike Rocher (Theater Okno Oderberg), Natalie Wasserman (Deutsch-Ponischer Kulturzug), Mariusz Hoffmann (Romanautor "Polnischer Abgang"), Katarzyna Jackowska (u.a. Philharmonie Stettin), HapoL (spoken word performer) 

Das Gespräch lädt „Oderländer“ ein, verwobene Geschichten von zwei Sprachräumen, und zwei Ländern, zwei Identitätszuschreibungen zu erzählen. Wie und wann schlängelte sich der kulturelle Hintergrund des jeweils anderen in die eigene Biografie? Mit welchen Vorurteilen hatte man zu kämpfen, wenn man sich über die Oder hinweg verliebte, schlecht oder gut bezahlte Jobs annahm, Ahnenforschung betrieb? Seit der Trockenlegung gilt das Oderbruch als Musterbeispiel der preußischen Binnenkolonisation. Und von der Zuwanderung durch französischen Hugenotten bis zur aktuellen ukrainischen Flucht in die Region ist das Oderland von Migration gezeichnet. Wie prägen uns die Migrations-Geschichten unserer Mütter und Urgroßväter. Das Gespräch will oral history sein, wir wollen Vielfalten aufdecken – uns kennenlernen!

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Talks
Außerdem in den Jurten

 

Weinbar – die Straßensommeliers

 

Quellwasser-Verkostung – Theater Okno

Installationen und Raumgestaltung – Daniel Rocher

                      Filmscreenings – Filme übers Grenzland von Tobias Lenel

 

       Fotoausstellung: Oderinsekten in Makro – Enrico Schefter

Spontankonzerte – unplugged 

   

Als kulturelle Akteure im deutsch-polnischen Grenzbereich treffen wir stetig auf Menschen beidseitig der Oder, heutige Politiker*innen oder politische Aktivist*innen oder ehemals Verwaltungsbeamte, die am Fluss angeln, auf prominente stadtflüchtige Schauspieler*innen, aktive Kultur-Visionäre oder Hobbyphotographen, die frühmorgens die Ringelnattern knipsen.

 

Zu unseren Odertalks wollen wir einige dieser Begegnungen einladen, die, die wir schon kennen, und auch die, die wir noch treffen. Auch spontan auf dem Festival. Die Talks sollen offenes Gespräch sein, bei Weinausschank der „Straßensommeliers“ im Jurtenkreis. Hauptsprache wird deutsch, Übersetzungsmöglichkeiten sind angedacht.
Achtung: in diesem Fall achten wir nicht penibel auf das „perfekt besetzte Podium“, die ausgetaktete Redezeit, die fein ausbalancierte Diversität. Unser Augenmerk liegt darauf, die Dinge im Fluss zu lassen. Wir wollen reden, mit denen die dazu kommen auf Augenhöhe, Widersprüche zulassend gemeinsam denken.
 

Initiatoren ODER TALKS Heiko Michels & Christian Eckert

Gestus

Eintritt: Festivalticket (es gibt Tagestickets)
Kartenvorverkauf
 

Theater am Rand

Zollbrücke 16
Oderaue

Vom Bahnhof Altranft wird ein Shuttle eingerichtet, mehr Infos über die Webseite des Festivals:  

liederlauschenamrand.de 

Pressekontakt: Heiko Michels | michels@limited-blindness.eu

Die ODER TALKS sind eine Koproduktion von Limited blindness und dem Liederlauschen Festival am Theater am Rand

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